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Reformvorschläge zur Lehrerbildung in HamburgInhaltsverzeichnisWeiter Informationen zum Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung in Hamburg
Umsetzung der Empfehlungen für Hamburg von 2000Abschlussbericht zur Reform der Lehrerbildung in Hamburg 2000Stellungnahme der GAL zu den Empfehlungen von 2000Grundlegende Reformvorschläge für die Lehrerbildung in HamburgInnerhalb der nächsten fünfzehn Jahre werden zwei Drittel der Hamburger Lehrkräfte pensioniert. Das führt dazu, dass in den kommenden Jahren sehr viele junge Lehrerinnen und Lehrer an Hamburgs Schulen unterrichten werden. Die gezielte Nachwuchsförderung ist daher gerade jetzt besonders wichtig. Wie aber kann eine moderne Lehrerbildung gestaltet werden? Welche Kompetenzen sollen die jungen Lehrkräfte erwerben? Eine von den Senatorinnen der Schul- und der Wissenschaftsbehörde berufene Kommission hat dazu jetzt weitreichende Vorschläge vorgelegt, die zu einer grundlegenden Reform der Lehrerbildung führen sollen. Damit wird auch eine Verpflichtung aus dem Koalitionsvertrag von SPD und Grünen erfüllt. Bei der bundesweit geführten Reformdiskussion kommt Hamburg eine Vorreiterrolle zu.Bestrebungen, die Lehrerbildung zu reformieren, gibt es derzeit in allen Bundesländern. Die Grundlage für landesspezifische Reformprojekte bieten die Ergebnisse der KMK Kommission Lehrerbildung, die 1999 in der Kultusministerkonferenz vorgelegt wurden. Hamburg hat auf der Basis dieser Ergebnisse als erstes Bundesland eine auch mit externen Wissenschaftlern besetzte Kommission eingesetzt: Unter dem Vorsitz des renommierten Erziehungswissenschaftlers Prof. Jürgen Oelkers (Universität Zürich) nahmen die Experten im November 1999 ihre Arbeit auf. Wichtigstes Ergebnis des jetzt vorliegenden Abschlussberichts: Die Lehrerbildung soll in Zukunft als Gesamtauftrag und somit als Einheit begriffen werden, nicht als ein relativ unverbundenes Nacheinander verschiedener Ausbildungsabschnitte. Lernen in der Ausbildung und Lernen im Beruf gehören zusammen. Erreicht werden kann dies nach Meinung der Experten durch eine stärkere Verzahnung von Studium, Referendariat und Lehrerfortbildung. Um den Grundsatz des Gesamtauftrages zu erfüllen, schlägt die Kommission folgende Reformmaßnahmen vor:
Kurzfassung des AbschlussberichtesOktober 2000 Verzeichnis der Mitglieder der Hamburger Kommission Lehrerbildung Titel Vorname Name Institution Funktionen in der Hamburger Kommission Lehrerbildung (HKL)
VorwortDie Hamburger Kommission Lehrerbildung (HKL) ist beauftragt worden, auf der Grundlage der Ergebnisse der von der Kultusministerkonferenz (KMK) eingesetzten gemischten Kommission Lehrerbildung (TERHART 2000) Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Lehrerbildung in Hamburg vorzulegen. Die Beauftragung erfolgte gemeinsam durch die Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung sowie die Behörde für Wissenschaft und Forschung der Freien und Hansestadt Hamburg. Grundlage der Beauftragung war die im Koalitionsvertrag der den Hamburger Senat tragenden Parteien festgelegte Vereinbarung, die Reform der Lehrerbildung als prioritäres Vorhaben der laufenden Legislaturperiode anzusehen. Für die Verwirklichung dieses Vorhabens war die Empfehlung der gemischten Kommission der KMK abzuwarten. Unmittelbar nach Vorlage des KMK-Berichtes wurde die Hamburger Kommission eingesetzt und beauftragt; Hamburg reagierte damit als erstes Bundesland auf die KMK-Empfehlungen. Zur Bearbeitung ihres Auftrages hatte die HKL einen Zeitraum von knapp elf Monaten zur Verfügung. Sie tagte ab November 1999 insgesamt neunmal und legt im September 2000 beiden Auftraggebern den vorliegenden Abschlussbericht vor. Der Bericht behandelt zentrale Aspekte der Reform der gesamten Lehrerbildung, die als Einheit angesehen wird. Die Zusammensetzung der Kommission entsprach dem Reformauftrag. Neben auswärtigen Expertinnen und Experten der Lehrerbildung sowie Vertretern von Wirtschaft und Personalentwicklung haben Repräsentanten aller Phasen und Institutionen der Lehrerbildung sowie Schulleiterinnen und Schulleiter in der Kommission Einsitz genommen oder sind angehört worden. Die Empfehlungen der Kommission sind überwiegend in großem Konsens erfolgt. Gemeinsam war allen Kommissionsmitgliedern der Wille zu einer grundlegenden und weitreichenden Reform der Lehrerbildung in Hamburg. Die Erstellung des abschließenden Textes erfolgte auf der Grundlage von diversen Einzelvoten und Projektpapieren. Überschneidungen und Wiederholungen ließen sich nicht ganz ausschließen. Die Kommission dankt Dr. Josef Keuffer für das Kenntnisreiche Projektmanagement sowie für die intensive Mitarbeit am Abschlussbericht. Sie dankt weiterhin Hans Christof Kräft für die Protokollierung und Dokumentation ihrer Arbeit. Hamburg und Zürich, im September 2000 Jürgen Oelkers (Vorsitz HKL) Befunde und Empfehlungen der Hamburger Kommission LehrerbildungZusammenfassung Die Universität Hamburg hat 1927 als erste deutsche Universität mit der akademischen Ausbildung auch für die damaligen Volksschullehrer begonnen. Mehr als siebzig Jahre nach den Anfängen und mehr als dreißig Jahre nach der flächendeckenden Einführung einer wissenschaftlichen Ausbildung für alle Lehrämter besteht ein nicht zu übersehender Reformbedarf. Die Kommission geht davon aus, dass die Lehrerbildung in erheblichem Maße Defizite aufweist und auf neue Bedingungen in Schule und Gesellschaft eingestellt werden muss. Die Entwicklung der Lehrerbildung darf allerdings die Vorteile der universitären Ausbildung nicht in Frage stellen. Im internationalen Vergleich ist die Lehrerbildung sehr unterschiedlich organisiert. Innerhalb der Europäischen Union gibt es Bestrebungen zur Anpassung der Organisation und zur Entwicklung von gemeinsamen Standards. Die Vorschläge der Kommission beziehen sich auf die Weiterentwicklung der Lehrerbildung in diesem europäischen Kontext. Lehrerbildung wird insgesamt krisenhaft wahrgenommen. Reformen der Ausbildung sind daher kein spezifisch deutsches Phänomen. Ein Hauptgrund für die Krisenwahrnehmung ergibt sich aus den veränderten Bedingungen der Lehrberufe. Sie sind konfrontiert mit sehr konträren und beschleunigten Entwicklungen in Kultur und Gesellschaft, auf die die öffentliche Schule immer neu reagieren muss. Daraus erwachsen ständige Lernaufgaben, auf die nicht mehr durch eine möglichst lange und intensive Grundausbildung vorbereitet werden kann. Eine Hauptforderung des Berufsfeldes besteht im innovativen Lernverhalten der Lehrkräfte, die für eine permanente Systementwicklung sorgen müssen. Lehrerinnen und Lehrer sind so selbst Lernende, die nicht davon ausgehen können, irgendwann "fertig" zu sein. Der Beruf ist das Lernfeld. Daher ist ein Schlüssel für die Lehrerbildung Personalentwicklung oder die ständige Qualifizierung des Personals für je neue Aufgaben und Anforderungen. Eine Ausbildung, die sich weitgehend nur auf die Grundausbildung vor Berufsausübung einstellen kann, ist dafür nicht länger geeignet. Sie kann nicht angemessen auf die Probleme und Widersprüche des Berufsfeldes reagieren. Aus diesem Grunde empfiehlt die Kommission, die Lehrerbildung als Einheit zu betrachten und sie nicht länger in voneinander getrennten Phasen zu organisieren, die wenig miteinander zu tun haben. Die Kommission stellt die bestehenden Phasen nicht in Frage, sondern empfiehlt ihre enge Verzahnung unter Gesichtspunkten von Effizienz und wechselseitigem Nutzen. Das bisherige System der Lehrerbildung ist bei allem Aufwand zu wenig effektiv, weil die Ausbildungsphasen nicht kooperieren, keine gemeinsamen Ziele verfolgen und nicht oder zu wenig aufeinander aufbauen. Die Kommission geht davon, dass vier Bereiche oder Phasen der Lehrerbildung zu unterscheiden sind,
Die ersten beiden Phasen stellen die Berufsausbildung dar. Die Berufstätigkeit nach Abschluss der Ausbildung muss neu als Lernen im Beruf verstanden werden. Grundsätzlich empfiehlt die Kommission einen verstärkten Ausbau der Fort- und Weiterbildung sowie eine Ausgestaltung der Berufseingangsphase. Der Berufsbeginn muss stärker als bisher für schulische Innovationen genutzt werden, zugleich muss die permanente Qualifizierung der amtierenden Lehrkräfte ein weitaus stärkeres Gewicht erhalten. Die Kommission empfiehlt ein Obligatorium in der Fortbildung von Lehrkräften. Die Ressourcen sind entsprechend zu verstärken und neu zu gewichten. Die Lehrerausbildung an der Universität und im Studienseminar muss gestrafft und konzentrierter gestaltet werden. Für diesen Zweck empfiehlt die Kommission neue Formen der Leitung und Kooperation, die Einführung von Kerncurricula in allen Fächern, die an der Lehrerausbildung beteiligt sind, sowie die Entwicklung von prioritären Themen, die in Verbindung mit den Kerncurricula angeboten werden. Prioritäre Themen sind "Neue Medien", "Umgang mit kultureller und sozialer Heterogenität" und "Schulentwicklung". Sie konzentrieren die Ausbildung auf Schlüsselprobleme, die zusammen mit den Kerncurricula dafür sorgen können, dass das Ausbildungsangebot nicht beliebig ist und zugleich über einen Berufsfeldbezug verfügt. Bisher hat die Lehrerausbildung an der Universität kein Leitbild und keine durchgehende Struktur. Die Ausbildung ist über sehr verschiedene Fächer und Fachbereiche verteilt, die keine gemeinsame Aufgabe und Zielsetzung verbindet. Daher besteht auch keine gemeinsame Verantwortung, während unstrittig ist, dass dem wissenschaftlichen Studium angehender Lehrkräfte für die Entwicklung des öffentlichen Schulwesens eine Schlüsselfunktion zukommt. Das gelingt nur dann, wenn die Zersplitterung der Kräfte vermieden wird. Zu diesem Zweck votiert die Kommission für den Aufbau geeigneter Leitungs- und Kooperationsstrukturen. Die Kommission geht davon aus, dass die Rolle von Wissenschaft und Forschung in allen Bereichen der Lehrerbildung gestärkt werden muss und nicht geschwächt werden darf. Sie votiert daher ausdrücklich gegen eine Verlagerung von Teilen der Ausbildung an Fachhochschulen und auch gegen eine Reduzierung der wissenschaftlichen Ausbildungsanteile auf dreijährige universitäre Studiengänge. Die Verstärkung des Forschungsbezuges verlangt aber keine Verlängerung der Ausbildung. Die Kommission sieht ein wesentliches Problem in der mangelnden Organisation. Die Lehrerbildung ist zu wenig auf die Entwicklungsprobleme des Berufsfeldes eingestellt und hat nicht die dafür geeignete Organisation. Aus diesem Grunde sieht die Kommission die Lehrerbildung als ständige Entwicklungsaufgabe an, in dem die Phasen und Anbieter der Ausbildung lernen, dass und wie sie verbindlich kooperieren können, ihre Potentiale besser nutzen und sich auf gemeinsame Ziele einstellen. Die Kommission empfiehlt zu diesem Zweck den Abschluss von verbindlichen, wechselseitigen Leistungsvereinbarungen, die Entwicklung kooperativer Strukturen zwischen den Phasen und die fortlaufende Evaluation der Leistungen. Von besonderer Bedeutung ist der Aufbau einer Feedback-Kultur. Die Lehrerbildung muss in der Lage sein, von ihren Absolventen und Abnehmern zu lernen. Nur so lässt sich eine gemeinsame Verantwortung für die Resultate entwickeln und nur so kann die tatsächliche Ausbildungsqualität eingeschätzt werden. Wenn die Erwartungen der Praxis zugrunde gelegt werden, dann ist die heutige Qualität oft nicht befriedigend. Das gilt nicht nur für die Grundausbildung, sondern für alle Maßnahmen und Angebote der Lehrerbildung. Sie müssen in Zukunft nachweisen, dass und wie sie praxisdienlich sind, was nur gelingt, wenn fortlaufende Evaluationen zu einer selbstverständlichen Größe der Ausbildung geworden sind. Das wiederum setzt Zielsetzungen und Leistungsvereinbarungen voraus, die bislang noch nicht in einer Form existieren, die für die Lehrerbildung geeignet ist. Die Kommission empfiehlt die Entwicklung und den Einsatz dieser Instrumente mit Nachdruck. Ein zentrales Problem der Ausbildung erwächst aus der sinkenden Attraktivität des Lehrerberufs. Wenn die Ausbildung nicht wesentlich dazu beiträgt, die vordringlichen Probleme des Berufsfeldes zu bearbeiten, wird sich die Attraktivität weiter abschwächen. Auch aus diesem Grunde empfiehlt die Kommission eine Ausbildungsorganisation, die besser als bisher auf die Probleme des Berufsfeldes eingestellt ist. Dazu zählen ein verstärktes Forschungsaufkommen, die Steuerung durch Forschungsdaten, der Aufbau neuartiger Serviceeinrichtungen im Evaluationsbereich, die Abnehmerorientierung der Fortbildung, die Rotation des Personals und Ähnliches mehr. Die in Hamburg forciert betriebene Entwicklung der Schulautonomie hat unmittelbare Konsequenzen für die Lehrerbildung. Wenn Schulen in Zukunft die Lehrkräfte ihrer Wahl selbst einstellen oder mindestens sehr maßgeblich an der Einstellung beteiligt sind, dann verändert sich das Qualifikationsprofil nachhaltig. Die Stellenbewerber müssen bestimmte Kompetenzen nachweisen können, und dies auf speziellen Bedarf hin. Daher empfiehlt die Kommission eine Veränderung der Leistungsbewertung. Die Prüfungen müssen effektiver auf den Ausbildungszweck bezogen werden, sie müssen zwischen den Phasen abgestimmt sein und reale Leistungsnachweise darstellen. Neben den Prüfungen sind persönliche Portfolios zu entwickeln, die angeben, welche Themen bearbeitet und welche Kompetenzen entwickelt wurden. Bei Einstellungen wird dann nicht mehr allein der Notenschnitt ausschlaggebend sein. Die Kommission empfiehlt in diesem Zusammenhang auch, die Dominanz der zweiten Phase bei Notengewichtung und so bei der Feststellung der Einstellungsvoraussetzungen aufzugeben und zu einem integralen Staatsexamen zu gelangen. Das wäre möglich, wenn beide Phasen nach dem European Credit Transfer System (ECTS) organisiert und folgenreich aufeinander abgestimmt sind. Das ECTS-System wird zum europäischen Standard der Universitätsausbildungen insgesamt und sollte daher auch für die Lehrerbildung genutzt werden, und dies für beide Phasen. Das jetzige System entwertet faktisch die erste Phase, während es darauf ankommen muss, beide Phasen möglichst effizient aufeinander zu beziehen und Ausbildungsverluste zu vermeiden. Das erste Staatsexamen wird dadurch nicht entwertet. Auch der zeitliche Aufwand muss überprüft werden. Die Kommission empfiehlt eine Absenkung der Dauer der Grundausbildung. Das Referendariat sollte um ein halbes Jahr auf 18 Monate gekürzt werden, die universitären Studien müssen so gestaltet werden, dass die Regelstudienzeit eingehalten werden kann. Im Gegenzug muss der zeitliche und materielle Aufwand für die Fortbildung erhöht werden, verbunden mit speziellen Leistungsanreizen für die sich entwickelnde Einzelschule. Generell kennt der Lehrerberuf zu wenig und zu schwache Leistungsanreize. Die Kommission sieht in der permanenten Fortbildung eine zukunftsweisende Möglichkeit, diesen Zustand zu verändern. Die Karrieremöglichkeiten im Schulsystem müssen verbessert und mit nachgewiesenen Qualifikationen verbunden werden, nicht zuletzt solchen, die Forschung mit Praxis verbinden. Die Vision der künftigen Lehrerbildung erwächst aus ihren Aufgaben. Der schnelle gesellschaftliche Wandel verlangt ein lernfähiges Schulsystem, das sich ständig auf neue und oft nicht sehr bequeme Situationen einstellen muss. Es wird darum gehen, aus der Schule des 19. die Schule des 21. Jahrhunderts zu machen, die über hohe mediale Kompetenzen verfügt, sich auf kulturelle und soziale Heterogenität einzustellen versteht und Verantwortung für die eigenen Entwicklung übernimmt. Das dafür geeignete Personal muss von der Lehrerbildung fortlaufend qualifiziert werden, ohne dass die Ausbildung irgendwann als abgeschlossen bezeichnet werden kann. Hier liegt die hauptsächliche Botschaft der Kommission: Die Lehrerausbildung entlässt keine fertigen Lehrkräfte, sondern befähigt sie zum professionellen Weiterlernen in einem Berufsfeld, das sich schneller wandeln und mehr Brüche erleben wird als je zuvor. Links
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