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Umwelterziehung in der Grundschule

Quelle: Grundschulunterricht 10/1998 Seite 5 - 10

Inhalt

Eine Grundschule entwickelt ihr Schulprofil
Von Hannelore Schwedes und Angelika Tolle-Herlyn

PROJEKT: Bürgerpark-Kinder
Von Angelika Tolle-Herlyn


Eine Grundschule entwickelt ihr Schulprofil

Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit in der Umwelterziehung

Wer von uns kennt nicht das schlechte Gewissen, wenn er oder sie sich mal wieder nicht umweltgerecht verhalten hat: Heizung hochdrehen, statt Pullover anziehen, Licht ausschalten vergessen, mit dem Auto fahren, statt öffentliche Verkehrsmittel benutzen, im Urlaub auf die Kanarischen Inseln fliegen, statt eine Radtour durch Deutschland zu unternehmen etc. Uns wird mulmig zumute, wenn wir daran denken, welche Erde wir unseren Kindern übergeben, die aber sollen es besser machen als wir.

Also fangen wir früh an mit der Umwelterziehung, - in der Grundschule - besser noch im Kindergarten. Allerdings, die Unzufriedenheit mit den Ergebnissen der Umweltbildung ist groß. Es gibt auch hier eine große Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit. De Haan und Kuckartz (1995) schreiben:

"Ob und wie pädagogisches Handeln Wirkung zeigt, wird in der Regel nicht untersucht Im Bereich der Umwelt scheint uns aber die Kluft zwischen dem pädagogischen Bemühen und seiner Wirkung besonders groß zu sein."

 Aufgrund eines von ihnen erstellten Reviews aller in den letzten 10 Jahren in Deutschland erstellten Studien zum Thema Umweltbewusstsein und Umweltverhalten kommen sie zu dem Schluss:

"Trotz verstärkter Aufmerksamkeit für ökologische Fragen in den Schulen und in der Jugendarbeit ist im Umweltverhalten der Jugendlichen wie der Erwachsenen kein entsprechend sensibilisiertes Handeln zu verzeichnen."

Lange Zeit hielt man es für ausreichend, Schüler über Umweltgefahren aufzuklären. Umweltbewusstsein stelle sich damit ein und die notwendigen Schlussfolgerungen für umweltgerechtes Verhalten würden die Schüler dann schon selbst ziehen. Diese Überschätzung der Wissenskomponente ist typisch für naturwissenschaftliches Denken, das in der Umweltbildung lange Zeit dominant war und ist. Die mit dieser Haltung in aller Regel verknüpfte Distanz zur Politik führte folgerichtig auch zur Vernachlässigung der politischen Bildung in der Umwelterziehung. So wird Umweltbildung häufig auf das Ziel reduziert, individuelles umweltgerechtes Verhalten zu fördern. Kollektive Bedingungen umweltbelastenden Handelns sowie die gesellschaftlichen Zusammenhänge der Umweltproblematik bleiben bei dieser Sichtweise meist ausgeklammert. Insbesondere von vielen Grundschullehrer(n)/-innen wird es als unmöglich und häufig auch als überflüssig angesehen, die gesellschaftliche Dimension der Umweltproblematik in den Unterricht mit einzubeziehen (Kahlert 1991, Krol 1993).

Nicht verwunderlich ist, dass auch bei den Lehrkräften eine starke Ernüchterung bis hin zur Resignation hinsichtlich der Aufgabe der Umweltbildung festzustellen ist. Lehrkräfte, die sich dennoch für Umweltbildung engagieren, werden selten unterstützt sondern häufig eher marginalisiert (Reichel 1995). Viele Lehrer/-innen fühlen sich daher zu Recht allein gelassen mit dieser anspruchsvollen Bildungsaufgabe.

R. Kyburtz-Graber berichtet aus ihrem Umweltbildungsprojekt, dass viele Projektlehrerinnen und -lehrer daran zweifelten, ob sie überhaupt berechtigt seien, den Kindern und Jugendlichen Umweltbildung zuzumuten, sie zweifelten daran, ob Umweltbildung als Bildungsaufgabe überhaupt noch legitimiert sei und ob es Aufgabe der Schule wäre, Umweltprobleme an die junge Generation heranzutragen. Bezüglich der Grundschule sei auch häufig das Argument zu hören, man solle die kleinen Kinder doch mit den Umweltgefahren verschonen, es wäre eh alles schlimm genug. Woher solle denn überhaupt noch der Lebensmut kommen. Etliche Lehrkräfte, die sie befragte, hatten inzwischen resigniert und fühlten sich der Umweltbildung überdrüssig, insbesondere jene, die sich Mitte der 80er Jahre für Umweltbildung engagiert hatten.

Umweltgerechtes Handeln braucht ein dafür förderliches soziales Umfeld

Für die meisten Menschen steht in ihrem Alltag nicht die natürliche, sondern die gesellschaftliche Umwelt im Vordergrund. Was wir tun oder lassen, ist normalerweise nicht von ökologischen Prinzipien geleitet - auch wenn wir aus ökologischer Sicht eigentlich wissen, dass das menschliche Leben uneingeschränkt auf die natürliche Umwelt angewiesen ist. Es ist die Situation im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich, die unser Leben und Handeln in erster Linie prägt. Die Menschen haben meistens nicht die Absicht, die Umwelt zu belasten, sondern sie wollen oder müssen zur Arbeit fahren, Güter herstellen oder einkaufen. Sie suchen Erholung, sie wollen Freundinnen und Freunde besuchen oder Sport treiben. Umweltbelastungen sind so gesehen ökologische Nebenfolgen von Handlungen. Die Gefährdung der Umwelt erfolgt also meist nicht willentlich, wohl aber in vielen Fällen wissentlich.

Wenn der umweltbelastende gesellschaftliche Lebensstil verändert werden soll, müssen die soziale Einbettung von Handlungen, d. h. die realen Handlungsbedingungen von Individuen, sozialen Gruppen, Betrieben und gesellschaftlichen Systemen und Subsystemen mit berücksichtigt werden (Hirsch 1993).

Veränderungen hin zu einem nachhaltigen gesellschaftlichen Lebensstil müssen dort stattfinden, wo Menschen tätig sind. Naturwissenschaftliche Fakten allein reichen nicht für Problemlösungen.

Die Fragen, warum Individuen, soziale Gruppen, Unternehmen und die Gesellschaft als Ganzes wider besseres Wissen handeln und wer die Schuld an der Umweltkrise trägt, sind falsch gestellt. Zu fragen ist vielmehr:

Wie müssen oder können die Bedingungen des Handelns geändert werden, damit negative ökologische Nebenfolgen verringert werden?

Umweltbildung muss deshalb dort ansetzen, wo Handlungen stattfinden und wo die Wechselwirkungen zwischen individuellem Handeln und strukturellen Bedingungen besonders gut nachvollziehbar sind: in sozialen Systemen bzw. Handlungssystemen, z. B. der eigenen Schule. Sie bietet sich als Handlungsfeld für die Untersuchung umweltgerechten Verhaltens als erstes an, denn an vielen, sogar den meisten Schulen werden elementare ökologische Grundsätze missachtet.

  • Raumgestaltung:
    ästhetische Kriterien, Wandfarbe, Pflanzen, angemessene Arbeitsplatzbeleuchtung, angemessene Stuhlgröße für richtige Sitzhaltung.

  • Gesundheitserziehung:

  • Gewicht des Schulranzens, gesundes Frühstück, Wahrnehmung und Herstellung des eigenen Wohlbefindens, angemessenes Verhältnis von Arbeit und Pausen, Spannung und Entspannung, Lärm, Rücksicht auf die Mitmenschen, rauchen, rauchen im Lehrerzimmer.

  • Intelligente Ressourcen-Schonung:
    keine Verschwendung, aber auch keine übertriebene Sparsamkeit, Wassersparen, keine Wasserhähne unnötig laufen lassen, Spartaste auf dem Klo, Regenwassernutzung, Schutz des Grundwassers, keine schädlichen Stoffe ins Waschbecken oder ins Klo schütten; Energiesparen, Energiesparlampen, Licht ausschalten beim Verlassen des Raumes, Fenster und Türen von geheizten Räumen schließen, angemessenes Lüften, automatische, witterungs- und raumangepasste Temperaturregelung der Heizung; Sonnenkollektoren auf dem Schuldach; Benutzung des privaten Autos oder öffentlicher Verkehrsmittel, Fahrrad fahren, Maßnahmen der Verkehrsberuhigung im Schuleinzugsbereich, (Klassen-)Reiseziele, Gebäude, Klassenräume und Mobiliar pfleglich behandeln; Sparsamer Gebrauch von Papier, Benutzung von Umweltpapier; Müllvermeidung, Mülltrennung und Recycling, Kompost.

  • Kauf umweltverträglicher Produkte:
    keine Getränkedosen, Flaschenmilch, ökologisch verträgliche Reinigungsmittel.

  • Ökologische Gestaltung des Schulhofs
    und seine achtsame Nutzung.

Die Umweltpilotschule

Eine Umweltpilotschule betrachtet also die eigene Schule als ein Lernfeld, in dem umweltgerechte Verhaltensweisen praktiziert und eingeübt werden. Sie entwickelt Regeln, die in der Schule Geltung haben und wie selbstverständlich von allen befolgt werden. Weil es aber noch lange Zeit Verrichtungen geben wird, die Umweltbelastungen verursachen, überlegt sie kontinuierlich, wie aufgrund der Analyse der Schule als soziales Handlungssystem Bedingungen im Lebensraum Schule verändert und Handlungsalternativen gefunden werden können, die Ressourcen schonen und die Umwelt weniger belasten.

Das Leben in der Schule soll also an ökologischen Kriterien ausgerichtet sein. Dies bezieht sich auf alle Bereiche der Schule. Siehe links unten die Liste von Maßnahmen und Aktivitäten, die man in Angriff nehmen könnte.

 Ökologisches Handeln ist nicht nur auf die Schule beschränkt. Im Gegenteil, in dem Maße in dem die gesellschaftliche Bedingtheit der ökologischen Krise ins Blickfeld gerät, sollten auch außerschulische Handlungsfelder aufgesucht werden, sei es für die ökologische Problemwahrnehmung, die Analyse solcher Handlungsbereiche oder eigene Aktivitäten im Umfeld der Schule.

Umweltpilotschulen verstehen sich insofern auch als Stadtteilschulen. Sie nehmen sich als einen Teil des Gemeinwesens mit vielfältigen Vernetzungen in ihrem näheren und vielleicht auch entfernteren Umfeld wahr. Sie arbeiten mit Institutionen und Initiativen zusammen und betätigen sich auch vor Ort mit ihren Schülern an sogenannten außerschulischen Lernorten.

Konkrete Maßnahmen und Erfahrungen einer Bremer Grundschule als Umweltpilotschule

Der Schulhof wurde entsiegelt und ökologisch umgestaltet. Die Einrichtung und Betreuung der Gartenanlagen gibt Anlass für vielfältige Erfahrungen und Lerngelegenheiten.

Wer nimmt einen Tausendfüßler in die Hand, huch das kitzelt, Regenwürmer sind kalt, Zwiebeln haben einen Wurzelkranz, Triebe brechen leicht, selbst geerntete Kartoffeln sind gar nicht sehr schmutzig, Pellkartoffeln mit Butter und Salz schmecken prima, ich kann sie selber kochen, Pflanzen wachsen bei Pflege, ein gemeinsames Beet schafft gemeinsame Verantwortung, wenn wir leise sind, hören wir Geräusche, Vogelstimmen, Gartenarbeit macht Spaß - ernten erst recht, aber auch: zerstören ist sinnlos.

Der Einstieg in die Getrenntmüllsammlung mit Alu-Tonne und Papiercontainer wurde organisiert, übersüsses Kakaogetränk im Tetrapack zum Frühstück wurde im Rahmen einer aufklärenden Aktion durch Flaschenmilch ersetzt.

Auf pflegliche Behandlung der Schulräume, des Mobiliars und der übrigen Gegenstände und Unterrichtsmaterialien wurde hingewirkt, eine achtsame und regelmäßige Entsorgung des Mülls durchgesetzt. Insgesamt wirkt die Schule jetzt freundlicher und lebendiger.

Ebenso wie in der räumlichen Gestaltung der Schulräume und dem täglichen Ablauf des Schullebens soll die ökologische Grundhaltung auch im Unterricht zum Tragen kommen, in ethischen Einstellungen und Werthaltungen, im Ansprechen ökologischer Gesichtspunkte bei unterschiedlichsten Unterrichtsinhalten sowie durch die wohldosierte Thematisierung aktueller Krisen und Problemlagen.

Letzteres kann z. B. ein Thema wie Konsum sein, was brauche ich wozu, was sind meine Bedürfnisse, wie erreiche ich Zufriedenheit, was bedeutet für mich Glück, was empfinde ich als Luxus, den ich mir manchmal gönnen möchte, was als Überfluss oder unnötige Produkte.

Die Grundschule am P. hat außerdem vielfältige Bezüge zum Stadtteil hergestellt; u. a. auch, um für die Schülerinnen und Schüler in einem sozial schwierigen Stadtteil ein Angebot für Aktivitäten am Nachmittag bereitzustellen und damit zugleich für ein Betreuungsangebot für diese Zeit zu sorgen. Der folgende Vernetzungsplan zeigt die Vielfalt der einbezogenen außerschulischen Initiativen und Einrichtungen des Stadtteils, die teils in der Schule Angebote machten, teils die Schülerinnen und Schüler zu sich einluden und so mit der Schule kooperierten. 

Mit den verschiedenen Gruppen kooperierten: Bremer Tierschutzverein und Tierheim an der Hemmstraße, BUND-Bremen, Bürgerparkverein, Amt für Stadtentwässerung und Stadtreinigung, Bremer Abfallberatung, Recyclinghof Findorf, Radio Bremen, Weserkurier, Kleingarten-Verein, Gartenbauamt, Beiratsfraktion der Grünen im Stadtteil, Ortsamt, Stadtteilbeirat, Kirchengemeinde, Kindergarten, Hort, Schüler und Lehrer benachbarter Schulen, Gesundheitstreffpunkt, Landessportbund, WWF, Elternbeirat, Uni-Bremen, WIS, Sparkasse Bremen.

Beispielhaft seien die Aktivitäten der Tierschutzgruppe geschildert, die an der Schule zusammen mit dem Bremer Tierschutzverein und dem Tierheim an der Hemmstraße ins Leben gerufen wurde. Die Aktivitäten waren vielfältig und griffen in hohem Maße die Anregungen der Schüler/-innen auf. So wurde ein Bauernhof im Bremer Umland besucht. Spannend für Stadtkinder, zugleich ein Einblick in artgerechte Tierhaltung./Nistkästen wurden gebaut und angebracht./Im Winter wurden Futterglocken hergestellt und aufgehängt. Es erfolgten Besuche im Tierheim. Dort werden hauptsächlich herrenlose, hilfsbedürftige Hunde (ca. 40) und Katzen (ca. 190) versorgt, bis ein neuer Besitzer gefunden wird, aber auch andere Heimtiere wie Vögel, Igel, Kaninchen, Mäuse, Meerschweinchen und Hamster werden betreut. Das Wissen über diese Tiere und ihre artgerechte Haltung wurde erweitert und die Achtung vor der jeweiligen Eigenart der Tiere gestärkt. Die Kinder gaben in loser Folge eine Tierschutzzeitung heraus, in der sie für den Tierschutz werben und Informationen über Tiere an andere Kinder vermitteln. Der Erlös des Weihnachtsbasarstandes wurde dem Tierheim gestiftet.

Das Suchen und Aufsuchen von Lernorten außerhalb des Klassenzimmers ist ein Weg der Schule, die Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten der Kinder zu erweitern und so die Lerndefizite in einer veränderten Umwelt zu vermindern. Häufig bieten sich dort Tätigkeiten an, die für andere ganz konkret nützlich sind. Der Klassenraum wird verlassen, um Lernorte aufzusuchen und Erfahrungsräume zu erkunden, wobei der Schulgarten Klassenraum aber Lernort bleibt, an dem Erfahrungen außerhalb der Schule vorbereitet, geordnet und reflektiert werden. Somit werden Lernorte außerhalb des Klassenzimmers nicht vom Unterricht im Klassenzimmer isoliert, sondern sind Elemente eines erfahrungs- und handlungsorientierten Unterrichts.

Erfahrungen In dem Maße, wie die Schule als Ganzes sich als eine Gemeinschaft versteht, in der umweltgerechtes Verhalten praktiziert wird, in dem Maße wandelt sich ihr Gesicht. Die umweltfreundliche Gestaltung des Schulbetriebes wird nur in Zusammenarbeit mit allen, mit Hausmeister, Schulleitung, Eltern und Schülern und vor allem dem ganzen Kollegium erreicht. Alle Mitglieder der Schulgemeinschaft kümmern sich um die Einhaltung der entwickelten Regeln.

Umweltgerechtes Verhalten soll täglich geübt werden, wie das Zähneputzen. Je früher Kinder lernen sich umweltgerecht zu verhalten, desto selbstverständlicher ist ihnen dieses Verhalten. Erst selbstverständliches Verhalten führt zur notwendigen Verhaltenssicherheit und hat die Chance, später in den eigenen Lebensstil integriert zu werden.

Zu bedenken ist, dass auch selbstverständlich gewordene Regeln, die schon einen gewissen Lebensstil widerspiegeln, immer wieder erklärt werden müssen, ihr Sinn ist immer wieder aufs Neue zu legitimieren, und es muss deutlich werden, dass es sich um von Menschen gemachte, gemeinsam verabredete Regeln handelt. Thematisiert werden müssen auch Regelverletzungen oder Abweichungen und ihre Sanktionen, sowie Toleranz gegenüber begründeten anderen Entscheidungen. Selbstverpflichtungen und die Übernahme von Verantwortung können leicht beeinträchtigt werden durch zu starre Handhabung von Regeln; zudem finden sie häufig in solchen Bereichen statt, die noch keinem Regelwerk unterliegen.

Bei allem Enthusiasmus kommt es darauf an, bei dem Einfordern umweltgerechten Verhaltens lieber etwas bescheidener zu sein, um sich nicht selbst oder das ganze System zu überfordern, das bedeutet auch Maßnahmen nur Schritt für Schritt umzusetzen oder auch Aktionen aufzugeben, wenn sie sich nicht durchhalten lassen.

Ebenso wichtig ist das authentische Verhalten der Erwachsenen. Kinder haben ungeheuer feine Antennen für doppelbödiges Verhalten von Lehrern und Lehrerinnen. Nur solche mit authentischem Bewusstsein und Handeln können überzeugen. Durch eigene, vorbildhafte Handlungen und Überzeugungen bringen sie sich in den Arbeitsprozess in der Schule mit ein. Bündnisse und Verpflichtungen auf Gegenseitigkeit schaffen Nähe und fordern Engagement.

Literatur

De Haan, G./Kuckartz, U. (1995): Phänomene des Umweltbewusstseins. In: Greenpeace (Hrsg.). Neue Wege in der Umweltbildung. Beiträge zu einem handlungsorientierten und sozialen Lernen. Verlag Die Wirtschaft, Göttingen

De Haan, G./Kuckartz, U. (1998). Umweltbewusstseinsforschung und Umweltbildungsforschung: Stand, Trends, Ideen. In: De Haan, G./Kuckartz, U. (Hrsg.). Umweltbildung und Umweltbewusstsein. Forschungsperspektiven im Kontext nachhaltiger Entwicklung. Leske & Budrich, Opladen. S. 13-38

Hirsch, G./Kyburz-Graber, R. (1993): Handlungsorientierung in der Umweltbildung ernst nehmen. Das Forschungsprojekt "Umweltbildung in Maturitätsschulen". In: Eulefeld, G. (Hrsg.): Studien zur Umwelterziehung. Ansätze und Ergebnisse empirischer Forschung, Bd. 2, Kiel, S. 125-142

Kahlert, J: (1991): Alltagstheorien der Lehrer über den Zustand der Natur. In: Eulefeld, G. u.a. (Hrsg.): Umweltbewusstsein und Umwelterziehung, Kiel, S. 65-93

Krol, G.-J. (1993): Ökologie als Bildungsfrage? Zum sozialen Vakuum der Umweltbildung. In: Zeitschrift für Pädagogik. Jg. 39, H. 4, S. 651-672

Kyburts-Graber, R. (1998): Sozioökologische Umweltbildung als partizipativer Prozess. In: De Haan, G./Kuckartz, U. (Hrsg.): Umweltbildung und Umweltbewusstsein. Forschungsperspektiven im Kontext nachhaltiger Entwicklung. Leske & Budrich, Opladen, 5. 151-168

Reichel, N. (Hrsg.) (1995): Politik und Praxis der Umwelterziehung. Beiträge der internationalen OECD-Konferenz vom 6.-11. März 1994 in Braunschweig, Frankfurt/M.

Anmerkung

Die Arbeit ist entstanden im Zusammenhang mit einem Projekt der Schulbegleitforschung (Das Bremer Lernortenetz Umweltbildung: Außerschulische Einrichtungen als Partner der Umweltpilotschulen.) Es wurde unterstützt durch den Senator für Bildung, Wissenschaft, Kunst und Sport der Hansestadt Bremen.


PROJEKT: Bürgerpark-Kinder

Ein Park kann verzaubern, er ist anregend und bietet Vielfalt

In vielen Städten gibt es Parks. Oft gelten sie als schützenswert. Nicht immer wird deutlich für Kinder, warum sie mögliche auferlegte Vorschriften einhalten sollen.

Es macht Sinn, Kindern über das sinnliche Erfahren und den Blick für das Schöne, den Erholungswert eines Parks näherzubringen. Erklärungen von Zusammenhängen im Parkleben sowie praktisches Tun vermitteln Verständnis für den Erhalt solch einer Umwelt.

Parks sind oftmals keine "Umwelt", die den Ansprüchen der Naturschützer entspricht. Aber sie gehören zum kulturhistorischen Erbe, schaffen Identifikation mit dem Gemeinwesen Stadt. Sie dienen als Erholungs- und Rückzugsraum im Geschehen der Stadt. Sie helfen, das Klima der Stadt zu verbessern. Sie sind öffentlicher Raum, sie bieten vielerlei Möglichkeiten der Begegnung von Alt und Jung, Mensch und Tier, pulsierendem Treiben und Ruhe und Natur.

Unser Artikel soll Anregung bieten für Kolleginnen und Kollegen "ihren Park" als außerschulischen Lernort zu nutzen.

Der Bremer Bürgerpark ist ca. 200 ha groß. Der größere Teil wurde als Park 1866 von Franz W. Benque entworfen und bereits ein Jahr später umgesetzt. Der Park umfasst große Wiesengelände und feuchte Flächen, entwässert durch Wasserzüge und Anpflanzungen von vielerlei Gehölz. Heute sind 70 % der Gesamtfläche des Parks bewaldet.

Im Park gibt es verschiedene Gebäude aus unterschiedlichen Zeiten. Sie dienen als Wohnhäuser der Parkbediensteten, der Gastronomie und dem Hotelgewerbe. Heute ist der Park erweitert durch den Stadtwald, der einen naturbelasseneren Charakter hat. Der Bremer Bürgerpark ist ein Erholungsraum, eine Grüne Lunge und ein historisches Denkmal. Es gibt Rad- und Reitwege, Wasserzüge mit Booten, eine Waldlaufbahn, Spielplätze, Rodelflächen, Minigolfanlagen, ein Tiergehege, Sportwiesen für Tai-chi u. a.

Eine gemeinsame Idee des Gründungskomitees von 1860, bestehend aus einigen Bremer Kaufleuten, schaffte es, die vorhandene Viehauftriebsweide der Stadt zu einem Erholungspark umzugestalten "zu dem alle Bevölkerungsschichten Bremens Zugang haben sollten".

Der Bürgerpark ist ein wichtiges Identifikationsobjekt für Bremer Bürger. Er ist für die Grundschule Pulverberg eine noch gut erreichbare Erholungszone. Herr Damke und die Bürgerpark-Verwaltung zeigten Interesse an der Zusammenarbeit mit Schulen, da sie die Zielgruppe Kinder/Jugendliche auf die Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten im Park gerichtet aufmerksam machen wollten. Unser Projekt fand anfangs einmal wöchentlich am Nachmittag von 14.00 - 17.00 Uhr statt, später wurden Veranstaltungen zehn Wochen hintereinander oder aber vierzehntägig angeboten.

Bis heute gibt es den Bürgerpark-Verein, einen unabhängigen Trägerverein, der "ausschließlich zum Zwecke des Erhalts und der Pflege des Parks" eingerichtet wurde und besteht. Die Tradition der Selbstinitiative "Bremer Bürger arbeiten für Bremer Bürger" hat bis heute ein tragendes Konzept.

Auch bei den Bürgerpark-Kindern ist die Eigeninitiative gefragt. Natürlich gibt es einen Angebotsrahmen:

  •  Kennenlernen des Parkdirektors und des Parks,
  •  Arbeit am Plan,
  •  Pflanzaktionen,
  •  Nistkästenarbeit,
  •  Tiergehege,
  •  Bäume, Blätter, Knospen,
  •  Wiesenblumen, Bodentiere,
  •  Bienen,
  •  Müllsammeln,
  •  Spielplätze,
  •  Denkmäler im Park und ihre Pflege,
  •  Kremserfahrt.

Die Schüler selbst wählen aus. Anschließend werden die Aktionen mit dem Bürgerparkverein abgestimmt. (Sind Räume frei, ist das Tiergehege begehbar, hat der Gärtner Zeit, uns die Bienen zu zeigen?) Hierbei üben die Schüler Eigenbeteiligung, Tragen von Mitverantwortung, Abwägen verschiedener Interessen ("Sachargumente gegen Macht44), Konsensbildung, Übung von demokratischem Verhalten.

Jeder Besuch im Park bietet vielerlei Möglichkeiten, hier nur einige Beispiele:

Besuch im Tiergehege

Fragen zum Tiergehege wurden in einer Vorbesprechung von den Schülern erarbeitet und aufgeschrieben:

Arbeitsblatt: Im Tiergehege

1. Wie viele Tiere sind im Gehege?

2. Welches Tier ist das älteste und größte?

3. Wie viele Junge bekommen Meerschweinchen?

4. Wie alt können Ziegen werden?

5. Wie alt werden Wildschweine?

6. Hausschwein oder Wildschwein - wer ist stärker?

7. Was fressen Wildschweine?

8. Welche Tiere können zusammen im Gehege leben?

9. Wie weit kann ein Lama spucken ?

Auf dem Weg zum Gehege entdecken wir ein freilaufendes Reh. Eine Schülergruppe beobachtet es und wundert sich über die gute Tarnfarbe. Diese Schüler überlegen noch eine Weile: War das Tier braun, schwarzbraun oder grau? Am Ende des Unterrichtsganges schlagen wir im Bestimmungsbuch nach.

Eine zweite Gruppe beobachtet Eichhörnchen, die aus dem Winterversteck Nüsse und Eicheln holen. "Guck mal, wie das Eichhörnchen den Pilz hält!" Die Schulung der Sinne, der Wahrnehmung, Beobachtung und Austausch von Gefühlen sind wesentliche Anteile der von uns verstandenen Umweltbildung.

Im Tiergehege werden zwei Schüler von den Eseln Felix und Kasimir besonders begrüßt. Kasimir "liebt" Knöpfe und Anoraks. Auf diese Weise hofft er auf Streicheleinheiten. Die meisten Kinder lachen darüber, doch Jacob aus der Vorklasse hat geweint, als Kasimir seinen Knopf schnappte. Der Tierpfleger, Herr Persen, hatte Verständnis für den Jungen und erzählte ihm die Geschichte von Kasimir: "Kasimir ist noch sehr jung. Er wurde mit der Flasche aufgezogen, dadurch hat er großes Vertrauen zu Menschen. Er kam erst vor kurzer Zeit in den Park." Jacob hat sich schnell beruhigt.

Umwelterziehung ist spannend und abwechslungsreich. Sie kann uns helfen, andere und anderes zu verstehen.

Pflanzaktion

In Absprache mit der Park Verwaltung halfen die Bürgerpark-Kinder den Gärtnern beim Pflanzen. Es gab vier Gruppen mit jeweils vier Kindern.

Zwei Gruppen hoben Pflanzlöcher aus und setzten Büsche unter Anleitung. Zwei andere Gruppen hängten parallel dazu Nistkästen auf. Sie lernten, dass Einfluglöcher verschieden sind, je nach Art und Größe der Tiere, dass die Standorte der Nistkästen unterschiedlich sein müssen, je nachdem ob es Meisen- oder Fledermauskästen sind.

Die "Pflanzkinder" suchen regelmäßig ihre Arbeitsfelder mit den Eltern oder Großeltern auf. Diese Aktion hat ihnen den Nutzen von gesellschaftlicher Arbeit verdeutlicht. Alle Bürgerpark-Kinder identifizieren sich mit "ihrem" Park. Sie sind sehr stolz auf ihre Abschlussurkunde als Bürgerpark-Kinder.

Bei den Kindern meiner Klasse konnte ich sehr deutlich feststellen, dass sie ihre Erfahrungen im Park auf Handlungen in der Schule übertragen konnten. (Freiwilliger Müllsammeldienst in der Pause, Pflastern eines Gartenweges in den Osterferien.)

Die Geschichte des Parks

Eine Schülerinnengruppe wollte gerne einiges über die Geschichte des Parks und die verschiedenen Denkmäler wissen.

Die Anregung wurde aufgegriffen. Wir erarbeiteten die Sage der Gräfin Emma als Spenderin der Bürgerweide. Es entstand ein Theaterstück, die Texte haben die Kinder im Deutschunterrichterarbeitet. Das "Schauspiel" wurde den Eltern im Schulungsraum der Parkverwaltung gezeigt. Sogar ein Zeitungsredakteur kam zu Besuch. "Gräfin Emma" wurde in der örtlichen Tageszeitung veröffentlicht.

Orientierungen nach Plan

An einem Plan vom Park lernten die Schüler sich zu orientieren. So konnten sie nach Absprache Aufgaben in Kleingruppen ohne Betreuung übernehmen. Für viele Schüler/-innen war das besonders verlockend. Ihre Untersuchungen (Tiere fangen in der Becherlupe und genauer beobachten; Rehe beobachten mit dem Fernglas) hatten die Qualität von Abenteuern.

Beobachten von Vögeln

Die Vogelbeobachtungen führten wir am Vormittag im Zusammenhang mit einer Unterrichtseinheit "Tiere im Winter" durch.

In diesem Jahr begleitete ich zwei Schulklassen der Jahrgangsstufe drei alle vier Wochen einen Unterrichtsvormittag lang. Ich klärte die Bedingungen im Park ab, meine Kolleginnen kümmerten sich um das Erscheinen der Schüler. Wir fuhren gemeinsam zum Park und zur Schule zurück. (Dieses Modell funktionierte nur, weil ich bereit war, meinen "freien Tag" dafür zu verwenden.)

Die Schüler/-innen hatten bereits über die Amsel einiges im Unterricht erarbeitet. Im Schulungszentrum des Parks hörten wir gemeinsam Vogelstimmen vom Band (Krähe, Meise, Ente, Amsel, Specht, Wasserralle / Blässhuhn). Nach zweimaligem Abhören und Benennen der Vogelstimmen zogen sie in Fünfergruppen los, um die Vögel zu hören und zu entdecken. Sie sollten möglichst "Spuren" von den erkannten Vögeln (z. B. Federn) mitbringen.

Für manche Kinder war es sehr schwer, Geräusche zu erhören, andere genossen die Aufgabe, denn sie setzte Ruhe voraus. Nach ca. 30 Min. trafen wir uns erneut im Schulungsraum. Die unterschiedlichen Erfahrungen wurden ausgetauscht. Jeder hatte mindestens eine Vogelart entdeckt und gehört. Als Arbeitsbögen standen Vorlagen von den erkundeten Vogelarten zur Verfügung. Jedes Kind konnte einen Vogel genau ausmalen. Hierbei wurden auch die Abbildungen aus den Bestimmungsbüchern zu Rate gezogen.

Bäume im Zyklus des Jahres

Während des Schuljahrs haben wir unseren Baum immer wieder aufgesucht. So konnten wir die Veränderungen im Laufe des Jahres feststellen. Ein "Steckbrief für meinen Lieblingsbaum" eignet sich gut als Spiel zum Fühlen, Riechen und Beschreiben. Ein Kind sucht sich "seinen" Baum auf dem Weg im Park aus. Im Schulungsraum beschreibt es diesen Baum. Andere Kinder dürfen ihn suchen.

Eine "Wegbeschreibung" bedeutet, Spuren erkennen und wiedererkennen. Ein Kind benennt Stationen/Spuren auf dem Weg zu "seinem" Baum. Andere Kinder müssen ihn anhand der Beschreibung finden. Alle vorgestellten Übungen sind Beobachtungsaufgaben und Stille-Übungen.

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